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„Die Braut, die sich nicht traut": Chinesische Ärztin kämpft in Deutschland an vorderster Front gegen Corona
2020-06-19 22:38

Eigentlich wollte Li Lan im April endlich ihren Verlobten heiraten. Geplant waren eine kirchliche Feier und eine traditionelle Zeremonie in China. Die Planungen dauerten schon ein Jahr an – die Einladungen waren verschickt, alle Locations gebucht. Doch dann kam alles ganz anders. Aufgrund des neuartigen Coronavirus Covid-19 waren große Teile des öffentlichen und privaten Lebens fast von einem auf den anderen Tag lahmgelegt. Auch Lis sorgfältig geplante Hochzeitsfeier. Doch als Ärztin war sie nun mehr denn je gefordert, im täglichen Kampf gegen das Virus. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen schob sie fortan Doppel-, Nacht und Sonderschichten im Duisburger Niederrhein- Krankenhaus.

„Es kam vor, dass ich innerhalb einer Woche drei 24-Stunden-Dienste im Krankenhaus leisten musste“, erinnert sie sich. Selbst als Neurochirurgin sei sie in einen speziellen Covid-Dienstplan eingeteilt worden. Die Arbeitsbelastung war so hoch, da mehr Bereitschaftsdienste besetzt sein mussten. Täglich war sie im Einsatz, um das Leben infizierter deutscher Patienten zu retten. Beklagt hat sie sich darüber nie. Schließlich ist sie Ärztin. Und als Ärztin hat sie den hippokratischen Eid geleistet – und sieht es als ihre ureigenste Aufgabe an, den Menschen zu helfen. Das „Gefühl wirklich gebraucht zu werden“ habe ihr die nötige Kraft gegeben. Die wird sie auch weiterhin brauchen, denn ihr Engagement ist noch nicht zu Ende: „Planbare Operationen, die wegen Corona verschoben wurden, müssen nun abgearbeitet werden.“

Li Lan kam vor 10 Jahren alleine für ein Medizinstudium aus ihrer Heimat China nach Düsseldorf. Schon von Kindesbeinen an sei sie von der Medizin, von der ärztlichen Tätigkeit fasziniert gewesen. Warum ihre Wahl auf Deutschland gefallen ist? „Die klinische Medizin hier hat einen sehr guten Ruf“, sagt sie. Das habe sich auch in der Krise bewährt. Auf Intensivstationen habe es ausreichend Beatmungsgeräte und Betten gegeben. Zu keiner Zeit sei ein Notstand eingetreten. Auch das Gesundheitssystem in Deutschland würdigt die junge Ärztin: „Durch frühe Maßnahmen konnte eine große Infektionswelle verhindert werden.“ Dr. Li hat jedoch nicht nur für Deutschlands Vorgehen in der Krise lobende Worte übrig: „Von China haben wir in Deutschland viel gelernt. Zum Beispiel, wie positiv sich eine Mundschutzpflicht auswirkt, obwohl dies am Anfang ungewohnt war und negativ aufgefallen ist.“ Um die Versorgung für sich und ihre Kollegen mit Schutzmasken sicherzustellen, habe sie daher 5000 Schutzmasken von einem chinesischen Spender organisiert. Als Vorsitzende des „Vereins der chinesischen Wissenschaftler und Studenten in Düsseldorf“ weiß sie natürlich, dass sie nur eine von Dutzenden chinesischen Ärzten ist, die nicht in ihrer Heimat, sondern in Deutschland das tückische Virus Covid-19 bekämpfen. Ob sich das seltsam anfühlt, nicht die eigenen Landsleute vor Ort zu unterstützen? Nein, sie ist Ärztin geworden, um Menschen zu helfen. Hautfarbe, Nationalität oder Religion sind da unwichtig.

Obwohl sie sich gegen ein Studium in ihrer Heimat entschieden hat, ist Li Lan der Kontakt zu ihrer Familie sehr wichtig. Die Einschränkungen, die Covid-19 mit sich bringt, treffen sie daher auch hier besonders hart: „In der Regel besuche ich zwei Mal im Jahr meine Familie in China, was nun durch die Schließung der Grenzen nicht mehr möglich ist“, sagt sie. In Verbindung mit ihren Verwandten steht die Chinesin trotzdem fast täglich: über Videochats und das Telefon. Dieser Austausch sei für ihre Angehörigen in China sehr wichtig: „Als Ärztin in Deutschland habe ich mit Covid-Patienten Kontakt und bin damit einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt.“ Die Familie will natürlich wissen, ob es ihr gut geht. Zu wissen, dass es ihrer Verwandtschaft in China gutgehe, sei für sie jedoch ebenso wichtig.

Ihren Verlobten hat Li Lan mittlerweile geheiratet – wenn auch nur standesamtlich und in kleinem Kreis. Beide kennen sich bereits seit Studienzeiten und halten seitdem immer zusammen – auch in dieser schweren Zeit. Ihre große Feier musste auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Dass sie die Hochzeitsreise noch nicht gebucht hatten, stellt sich im Nachhinein als Glücksfall heraus, denn sie hätten sie ja nicht antreten können. Eine Hochzeitsreise lässt sich nachholen. Viel wichtiger sei: „An unserer Liebe füreinander ändert die Coronakrise nichts. Wir sind vor allem froh, dass alle unsere Mitmenschen bislang gut durch die Krise gekommen sind.“

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