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  Interviews
Botschafter Ken Wu im Interview mit der Berliner Zeitung: „China ist kein Risiko“
 2023-08-12 16:00

Berliner Zeitung:Herr Botschafter, die Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger hat soeben eine Warnung vor Wissenschaftsspionage durch chinesische Studenten ausgesprochen. Hat Sie die Warnung überrascht?

Boschafter Ken Wu: Die Bundesministerin hat angedeutet, dass chinesische Studenten eine Spionagegefahr darstellen. Zugleich hat der Bundesverfassungsschutz einen Sicherheitshinweis veröffentlicht, in dem eine chinesische Behörde als Nachrichtendienst eingestuft wurde. Solch ein Vorgehen ist meines Erachtens hysterisch, wahnsinnig und eine Sinophobie geworden, die behandelt werden muss. Nach dieser Logik: Gelten die deutschen Diplomaten, Studierenden und Einrichtungen in China, wie zum Beispiel das Goethe-Institut, auch als Spionagegefahr? Es gibt ja Länder, die breit gefächerte Abhörmaßnahmen auch gegen Verbündete betreiben. Vor einigen Jahren gab es die Nachrichten, dass sogar die deutsche Staatsführung abgehört wurde. Dazu habe ich aber keinen einzigen Sicherheitshinweis vom Bundesverfassungsschutz gehört. Dieser Sicherheitshinweis ist nichts als eine politische Farce, hat keinen Nutzen und vergiftet die Kooperationsatmosphäre. Solches Vorgehen stigmatisiert nicht zuletzt bestimmte Gruppen. Daher mein Appell an manche deutsche Politiker und Behörden: Sie sollen sich um ihre eigenen Aufgaben kümmern und die Finger von den Studenten lassen.

Die Uni Erlangen, von der die ganze Sache ausgegangen ist, nimmt grundsätzlich keine vom Chinese Scholarship Council (CSC) unterstützten Studenten mehr auf. Die Uni sagt, es habe eine Prüfung durch den deutschen Zoll gegeben. Demnach habe es Vorgänge gegeben, die meldepflichtig gewesen wären, und dieser Pflicht sei nicht nachgekommen worden. Es habe sich um sogenannte „dual-use“-Themen gehandelt, also Forschungsprojekte, die sowohl zivilen, als auch militärischen Anwendungen zugeordnet werden können – ein konkreter Vorwurf also. Wurden Sie jemals in der Sache kontaktiert?

Der Vorwurf, chinesische Studenten als eine Bedrohung darzustellen, entspricht überhaupt nicht den Tatsachen. Chinesische Studenten studieren ja nicht erst seit heute in Deutschland, und die Systemunterschiede bestehen ja nicht erst seit heute. China war und ist und wird auch weiter ein sozialistisches Land bleiben. Es gibt diesen Unterschied seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen unserer beiden Länder vor über 50 Jahren, im Jahr 1972. Ich war selbst auch Auslandsstudent in Deutschland.

Die Studenten sind ja nur ein Thema. Vor einigen Tagen hat das Handelsblatt berichtet, die Bundesregierung könnte noch in diesem Jahr den schrittweisen Ausbau chinesischer Technik von Huawei und ZTE aus den 5G-Telekom-Netzen anordnen, weil diese als potenzielles Sicherheitsrisiko identifiziert wurden. Was sagen Sie dazu?

Das deutsche Anliegen, die Sicherheit in den Netzen zu erhöhen, ist nachvollziehbar. Aber dieses Anliegen darf nicht dazu verwendet werden, die normalen wirtschaftlichen Beziehungen zu politisieren. Huawei und ZTE betreiben schon lange in Deutschland völlig legal ihre Geschäfte.

Wie lange ungefähr?

Die beiden Unternehmen nehmen seit dem Beginn des Baus der 2G-Netze an dem Aufbau hier teil.

Gab es in dieser Zeit Probleme?

Nein, nie. Es wurde mehrfach bestätigt, dass Huawei und ZTE den deutschen Sicherheitsbestimmungen entsprechen. Aber seit einigen Jahren beobachten wir, dass einige Länder, insbesondere die USA, versuchen, Huawei und ZTE anzuschwärzen und zu diffamieren. Sie können aber keine Belege vorlegen, um die Sicherheitsrisiken zu beweisen. Wenn Deutschland Huawei ohne triftigen Grund aus den 5G-Netzen ausschließt, läuft dies nicht nur den fairen Marktregeln zuwider, sondern Deutschland schadet sich auch selbst. Die Unternehmen scheuen nicht den Wettbewerb. Aber Wettbewerb braucht faire Rahmenbedingungen. Die chinesischen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung in Deutschland geleistet. Jetzt, wo die Unternehmen stark werden, sind sie plötzlich ein Dorn im Auge. Im Chinesischen gibt es die Redewendung, dass man, wenn man den Fluss durchquert hat, hinter sich die Brücke abbaut. Ich möchte hier auch mit einem Scheinargument aufräumen, das immer wieder vorgetragen wird, nämlich, dass die Infrastruktur in China nicht offen gegenüber europäischen Unternehmen sei. Das stimmt nicht. Erst kürzlich gab es eine Ausschreibung von China Mobile, die von Nokia und Ericsson gewonnen wurde. Sie können damit ihren Anteil auf dem chinesischen Markt verdoppeln. Offenheit ist immer gegenseitig. Ich wünsche mir, dass Deutschland ein faires, offenes und nicht diskriminierendes Geschäftsumfeld für alle chinesischen Unternehmen zur Verfügung stellt. Ich habe gehört, dass die deutsche Bundesregierung einen Ausschluss von Huawei aus den 5G-Netzen erwägt. Wenn sich die Bundesregierung wirklich in diese Richtung entscheidet, und zwar ohne wirklichen Beweis, dass die Produkte eine Sicherheitsbedrohung für Deutschland darstellen, werden wir nicht tatenlos zusehen. Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen und die legitimen Interessen der chinesischen Unternehmen verteidigen.

Und was wäre das dann zum Beispiel?

Hierzulande sagt man so schön: Wie Du mir, so ich Dir. Aber wir bemühen uns immer wieder, mit der deutschen Seite über dieses Thema zu diskutieren, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Ich hoffe, dass man dieses Problem am Ende vernünftig lösen kann.

Es gab ja eben die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. Da saßen die Minister gemeinsam an einem Tisch. Besteht also noch eine Gesprächsebene?

Der Gesprächskanal funktioniert gut. Bisher hatte ich noch überhaupt keine Schwierigkeiten, mit meinen Partnern über alle Probleme zu reden, und ich gehe davon aus, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Wie sehen Sie die deutsche China-Strategie der Bundesregierung?

Es gibt zwischen China und Deutschland weit mehr Konsens als Differenzen. Beide Länder sind Partner und nicht Rivalen. Die größte Bedrohung für die Stabilität der Welt und für die Weltwirtschaft besteht darin, dass manche Länder künstlich die Abspaltung und die Konfrontation sowie die Entkoppelung und den Abbruch der Lieferketten betreiben. Keine der Herausforderungen und Probleme, mit denen sich Deutschland derzeit konfrontiert sieht, wurden von China verursacht. Wenn Deutschland China als Wettbewerber und systemischen Rivalen betrachtet, entspricht dies nicht den Interessen beider Länder. Wir hoffen daher, dass Deutschland eine rationale China-Politik verfolgt. Eine China-Strategie aus ideologischer Sicht wird nur zu Missverständnissen führen und Fehlinterpretationen verstärken.

In der China-Strategie der Bundesregierung steht auch, dass Fragen der Exportkontrollen oder der Lieferketten an Menschenrechte gekoppelt werden sollen. Die Bundesregierung nennt ausdrücklich die Lage der Uiguren in Xinjiang, die Lage in Tibet, in Hongkong, die Situation ethnischer und religiöser Gemeinschaften, die Meinungs- und Pressefreiheit, die Rechte gesellschaftlicher Minderheiten. Sehen Sie da einen Punkt, wo Sie sagen, da sollten wir ins Gespräch kommen?

Die von Ihnen angesprochenen Fragen haben nichts mit den Menschenrechten zu tun. Was die Menschenrechte betrifft, haben wir andere Ansichten. Es wird von vielen Zahlen und Fakten belegt, dass sich die Menschenrechtslage in China historisch auf dem besten Stand befindet. Seit mehr als vier Dekaden hat die chinesische Regierung etwa 800 Millionen Menschen aus der Armut geholt. Die absolute Armut in China wurde beseitigt. Das ist in keinem anderen Land der Welt bisher gelungen. Das ist einer der beachtlichsten Fortschritte der Menschheit. Es gibt mehrere Umfragen von internationalen Meinungsforschern, wonach mehr als 90 Prozent der Chinesen mit der Arbeit der Regierung zufrieden sind. Es gibt natürlich keinen perfekten Zustand der Menschenrechte, es gibt nur einen besseren Zustand. Ich bin sicher, dass Deutschland auch nicht wagt zu sagen, dass seine Menschenrechtslage die Beste ist. Wir schließen niemals eine Diskussion aus und sind bereit, auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts und der Gleichberechtigung mit allen Akteuren inklusive Deutschland aktiv den Dialog und die Kooperation in dieser Hinsicht zu suchen. Wir wollen Differenzen abbauen, voneinander lernen und gemeinsam voranschreiten. Was wir jedoch nicht annehmen werden ist, wenn mancher deutscher Politiker die Menschenrechtsfrage instrumentalisiert, politisiert und als Waffe einsetzt. Wir lehnen es ab, dass manche deutsche Akteure unter dem Vorwand von Menschenrechten protektionistische Maßnahmen ergreifen.

Sie haben in einem Interview einmal gesagt, dass die Menschenrechte in der Verfassung Chinas stehen ...

In der chinesischen Verfassung ist fest geschrieben, dass der Staat die Menschenrechte respektiert und gewährleistet. Wenn man jedoch die Menschenrechte als Ausrede nutzt, um Einfuhren aus China zu beschränken, läuft das nicht nur den Regeln eines fairen Marktes zuwider, es entspricht auch nicht der offenen Kooperation zwischen Deutschland und China seit vielen Jahren. Es vergiftet das Vertrauen, und das gerade zu einem Zeitpunkt, wo die Weltwirtschaft auf Gegenwind stößt und positive Anreize braucht.

Hat Deutschland nicht aber Grund, vor China Angst zu haben? Es gibt eine enorme Abhängigkeit bei den Rohstoffen. China hat gerade den Export von Gallium und Germanium eingeschränkt. Deutschland kann die Energiewende gar nicht machen ohne China, wegen der Abhängigkeit bei Solar und Wind. Und auf der anderen Seite hat der Telegraph aus London dieser Tage analysiert, dass Chinas Unternehmen den europäischen Automobil-Markt aufrollen werden – bisher deutsches Terrain.

Es gibt zwei Begriffe in dieser Diskussion – „decoupling“ und „derisking“. Das sind englischsprachige Begriffe, wir alle wissen, aus welchem Land sie kommen. Wenn schon davon gesprochen wird, dann sollte zunächst einmal bedacht werden, was eigentlich ein Risiko ist, worin Risiken liegen und nach welchen Kriterien etwas als Risiko definiert wird. Wie auch Ministerpräsident Li Qiang bei seinem Besuch in Deutschland verdeutlichte, besteht der größte Unsicherheitsfaktor darin, keine Entwicklung zu haben, und das größte Risiko darin, keine Zusammenarbeit einzugehen. China als Risiko einzustufen, ist haltlos. China öffnet sich immer weiter, wir pflegen unser Marktumfeld immer marktwirtschaftlicher und internationalisierter. Wir wollen Konflikte durch Dialog und Konsultationen lösen. Zu der von Ihnen angesprochenen neuen Regelung der Ausfuhren von Gallium und Germanium: Die beiden Rohstoffe haben „dual-use“-Eigenschaften, können also auch militärisch verwendet werden. Strenge Kontrollen in diesem Bereich sind international gang und gäbe. Die Beschränkungen richten sich ja nicht gegen einzelne Länder. In Europa und den USA gibt es für eine noch viel größere Palette an Gütern Ausfuhrkontrollen, und es werden sogar ausdrückliche Anordnungen gemacht, dass Exporte nach China beschränkt werden sollen. Es wird behauptet, dass Europa wegen der Seltenen Erden und anderer Rohstoffe abhängiger wird von China. Aber offen gesagt, ist China womöglich sogar noch abhängiger von Europa als andersherum. Werden wir deshalb unsere Beziehungen zu Europa kappen? Nein.

Inwieweit ist China abhängig von Europa?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Zu Beginn der Pandemie hat uns die deutsche Seite gebeten, benötigte Beatmungsgeräte zu liefern. Aber das Problem war, es fehlte eine wichtige Kernkomponente, und diese Komponente stammte aus Deutschland. Auch wenn wir gerne schnell geliefert hätten, waren wir dazu nicht in der Lage.

Geht ein „decoupling“ überhaupt in der globalisierten Wirtschaft?

Wenn man von der Unabhängigkeit reden muss, ist die Abhängigkeit gegenseitig. China ist von Deutschland und Europa abhängig. Die beiden Volkswirtschaften sind seit Jahrzehnten sehr verflochten. Wir arbeiten zusammen, um Wohlstand gemeinsam zu schaffen. Ohne globale Zusammenarbeit auch mit Deutschland ist eine schnelle Entwicklung Chinas unvorstellbar.

Also ohne Deutschland hätte China nicht 800 Millionen Menschen aus der Armut holen können?

Genau gesagt, Chinas Entwicklung braucht die Welt. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Was wir in China in der Autoindustrie gemacht haben, hätten wir ohne Deutschland nicht geschafft. In den 1980er-Jahren hat VW den Santana nach China exportiert und später in Shanghai ein Werk gebaut, in dem der Santana gebaut wurde. Von da an haben wir sehr viel von Deutschland gelernt. Und jetzt wird unsere eigene Autoindustrie immer stärker.

Jetzt ist sie besser als die deutsche?

Das deutsche Auto hat seine eigene Stärke und bedeutet für viele Chinesen hohes Lebensniveau und gute Qualität.

Ein Thema, das Deutschland und China betrifft, ist Russland. In der deutschen China-Strategie steht wörtlich: „Chinas Verhältnis zu Russland, insbesondere seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, ist für Deutschland von unmittelbarer sicherheitspolitischer Bedeutung.“ Deutschland drängt auf eine klare Positionierung Chinas gegen den Angriffskrieg, erwartet mehr Engagement in der Frage der territorialen Integrität und fürchtet vor allem chinesische Waffenlieferungen an Russland. Nun war China überraschend bei dem Gipfel in Saudi-Arabien anwesend. Wo kann China helfen, den Krieg zu beenden?

Die Ukraine-Krise ist komplexer Natur und hat verheerenden Einfluss auf die internationale Gemengelage. Historisch gesehen wird jeder Konflikt am Ende immer am Verhandlungstisch gelöst. China ist nicht Verursacher oder Beteiligter an der Krise. Als verantwortungsbewusstes Mitglied des UN-Sicherheitsrats stehen wir immer auf der Seite des Friedens. Daher hat unser Staatspräsident Xi Jinping bereits vier Punkte klargestellt, die unsere Position erklären: Souveränität und territoriale Integrität sind zu respektieren, die Prinzipien der UN-Charta sollen eingehalten, die legitimen Sicherheitsanliegen von allen Akteuren respektiert werden. Außerdem soll jeder Versuch, einen friedlichen Ausweg aus der Krise zu finden, unterstützt werden. Wir haben Sondergesandte nach Russland, in die Ukraine und Europa, inklusive auch Deutschland, geschickt, um Diskussionen über mögliche politische Lösungen zu führen. Seit einiger Zeit mehren sich die rationalen Stimmen auf der Welt über einen Ausweg aus der Krise. Wir brauchen hier die Bemühungen von allen Seiten, unter anderem der USA.


Es gab in den vergangenen Wochen mehrere Besuche von US-Politikern in China. Spricht Peking mit den USA, wie der Krieg beendet werden könnte?

Wir haben Gespräche mit den USA über wichtige internationale Themen. Aber mein Eindruck ist, dass sich die Amerikaner, obwohl sie eine besondere Rolle für die Sicherheit in Europa haben, nicht wirklich für eine schnelle politische Lösung interessieren. Ohne die aktive Beteiligung der USA kann die Ukraine-Krise nicht beigelegt werden. Zu den chinesisch-amerikanischen Beziehungen möchte ich sagen: In den vergangenen Jahren hat es einige schwerwiegende Fehleinschätzungen zu China gegeben. Die USA sehen in China ihren größten geopolitischen Wettbewerber und versuchen, unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit, die wirtschaftlichen Beziehungen zu politisieren. Aber diese Beziehungen gehören zu den wichtigsten bilateralen Beziehungen auf der Welt, und eine gütliche Handhabung der Beziehungen liegt im Interesse der beiden Bevölkerungen und im Interesse aller Völker der Welt.

Zurück zu Russland: Könnte Präsident Xi nicht einfach Präsident Putin anrufen und sagen: Stopp den Krieg und geh einfach in Vorleistung, als Zeichen. Das war bei Kennedy und Chruschtschow auch so. Als die Amerikaner gesagt haben, wir nehmen unsere Raketen aus der Türkei zurück, haben die Russen gesagt, ok, wir ziehen unsere aus Kuba ab. Gerade weil die Russen die Ukraine überfallen haben, wäre es doch naheliegend, dass sie den ersten Schritt tun. Könnte Präsident Xi nicht sagen, komm, Putin, wir als der eurasische Wirtschaftsraum gehen den ersten Schritt?

Diese Krise betrifft vor allem europäische Sicherheitsinteressen, und da spielen die Europäer und die Amerikaner eine entscheidende Rolle. Wenn sie nicht aktiv mitspielen, wird es kein baldiges Ende der Krise geben, egal, wie China agiert. Die Beziehungen zwischen Russland und China sind gut nachbarschaftliche Beziehungen.

Man könnte die Transatlantiker einbinden – wie wäre es mit einer gemeinsamen chinesisch-deutschen Friedensinitiative?

In der Tat haben wir noch nie aufgegeben, Frieden zu stiften und uns um ein Ende der Krise zu bemühen. Wir ermutigen alle Akteure, Gespräche zu suchen und die beiden Länder Russland und die Ukraine zurück an den Verhandlungstisch zu holen. Wir haben gute Gesprächskanäle sowohl zu Russland als auch zu der Ukraine. Es gibt wenige auf der Welt, die gleichzeitig mit beiden im Gespräch bleiben. Präsident Xi hat mehrfach mit Präsident Putin gesprochen und mit Präsident Selenskyj telefoniert. Sie haben es vorhin angesprochen. China hat einen Sondergesandten nach Saudi-Arabien geschickt, auch als Zeichen, dass wir unsere Rolle der Friedensstiftung und Gesprächsermöglichung ernst nehmen.


Sprechen Sie auch mit der Bundesregierung über den Krieg?

Ich habe mehrfach mit meinen Counterparts in der Bundesregierung darüber gesprochen. Wir bleiben in regelmäßigem Austausch.

Was sollte geschehen, damit sich die Beziehungen so ändern, dass man nicht immer gleich das Schlechteste vom anderen erwartet, dass es wieder Vertrauen gibt?

Ich glaube, dass manche in der deutschen Politik und in den Behörden ihre Wahrnehmung ändern müssen. Chinas Entwicklung ist kein Grund für Angst vor China. Es heißt auf Deutsch so schön: Angst ist kein guter Ratgeber.

Sind Sie optimistisch im Hinblick auf das deutsch-chinesische Verhältnis?

Ich bin zuversichtlich, dass die bilateralen Beziehungen sich langsam nach vorn entwickeln. Es gibt zu viele gemeinsame Interessen, besonders im Bereich der Wirtschaft. Hierfür würde ich Ihnen zwei Zahlen vorstellen. Zum einen beträgt Chinas BIP 2022 über 18 Billionen US-Dollar. Auf dieser Basis hatten wir im ersten Halbjahr 2023 ein Wachstum von 5,5 Prozent. Allein dieses Wachstumsvolumen entspricht dem gesamten BIP der Niederlande beziehungsweise einem Viertel des BIP Deutschlands. Zum anderen hat unser Ministerpräsident Li Qiang bei seinem Besuch in Deutschland im Gespräch mit Herrn Bundeskanzler Scholz auf folgendes hingewiesen: Wir haben heute eine Mittelschicht von 400 Millionen Menschen in China. In zehn Jahren wird sich diese Zahl verdoppeln – auf 800 Millionen.

Also ein riesiger Markt für deutsche Waschmaschinen, Kühlschränke ...

Waschmaschinen, Autos, Chemieindustrie, Maschinenbau. Wer würde auf solch einen Markt verzichten? Wenn Deutschland nicht kommt, werden andere kommen. Ich habe viele Gespräche mit Vertretern aus der deutschen Wirtschaft, und ich habe den Eindruck, dass sich die deutsche Wirtschaft immer noch sehr interessiert für die Zusammenarbeit.

Das Gespräch führte Michael Maier.

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